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Author (up) Wasilewski, A. url  openurl
  Title “Freundschaft” bei Huftieren? – Soziopositive Beziehungen zwischen nicht-verwandten artgleichen Herdenmitgliedern Type Manuscript
  Year 2003 Publication Abbreviated Journal  
  Volume Issue Pages  
  Keywords  
  Abstract http://www.staff.uni-marburg.de/~z-phylog/wisstaff/wasi-zus.htm

Zusammenfassung

* In der vorliegenden Arbeit werden Bindungen, wie sie beim Menschen als 'Freund-schaften' bezeichnet werden und im Laufe der letzen 30 Jahre auch für nicht-menschliche Primaten zunehmend anerkannt worden sind, bei Nicht-Primaten nachgewiesen und erstmals quantitativ analysiert.

* für die gewählte Fragestellung sind Untersuchungen an Huftieren besonders geeignet, denn Ungulaten können wie Primaten eine komplexe soziale Organisation besitzen und sind zugleich phylogenetisch weit von ihnen entfernt. Bislang allerdings legt die Forschung zum Sozialverhalten von Ungulaten allgemein, und v.a. die von domestizierten Huftieren, ungerechtfertigt starkes Gewicht auf die agonistischen (sozionegativen) Komponenten wie z.B. Konflikte und die daraus resultierenden Dominanzhierarchien; sie berücksichtigt soziopositive Verhaltensweisen kaum.

So haben die bisherigen Hinweise auf die Existenz von 'Huftierfreundschaften' vor-wiegend anekdotischen Charakter. In den selteneren Arbeiten, die explizit sozio-positive Beziehungen innerhalb der Herden untersuchen, vermischen sich freund-schaftliche mit verwandtschaftlichen und sexuell motivierten Bindungen.

* Die Untersuchungen der vorliegenden Arbeit wurden an je zwei Arten der beiden großen Huftierordnungen, nämlich Pferden und Eseln (Perissodactyla, Equidae) sowie Schafen und Rindern (Artiodactyla, Bovidae) durchgeführt. Es wurde ein vergleichender, individuenbasierter (und daher hochauflösender) Ansatz mit 'Langzeitcharakter' gewählt, der alle drei Ebenen der sozialen Organisation erfaßt: Assoziationen, Interaktionen und Muster der Bindungsstrukturen innerhalb sozialer Einheiten. Durch den systematischen, quantitativen, individuenbasierten und mit vier Tierarten relativ breit angelegten Ansatz kommt der vorliegenden Arbeit ein gewisser 'Pioniercharakter' zu, der v.a. im Bereich der Datenaufnahme- und -auswertungsmethoden ein mitunter beträchtliches Maß an Entwicklungsarbeit erforderte.

* Aus zwei Gründen wurde die Untersuchung an landwirtschaftlichen Nutztieren durchgeführt: Zum einen erleichtern die i.d.R. bekannten Verwandtschaftsbeziehungen eine Differenzierung zwischen 'Freundschaft' und Verwandtschaft. Zum anderen impliziert ein erfolgreicher Nachweis von 'Huftierfreundschaften' Konsequenzen für die Tierhaltungspraxis, denn ein soziales Umfeld, das den psychosozialen Bedürfnissen der Tiere Rechnung trägt, ist unabdingbare Voraussetzung für ihr Wohlbefinden (ethischer Tierschutz) und resultiert letztendlich in höherer Leistungsfähigkeit und damit ökonomischer Effizienz (anthropozentrischer Tierschutz).

Die Datenaufnahme im Freiland fand in England statt. Während die Rinder und Schafe unter kommerziellen Haltungsbedingungen lebten, konnten geeignete Pferde- und Eselherden nur in einem Horse Sanctuary (im weitesten Sinne vergleichbar mit einem Gnadenhof) gefunden werden.

* für die vorliegende Arbeit wurden von jeder der vier Tierarten, Rinder, Schafe, Esel und Pferde, zwei bis drei Herden mit je 11 bis 60 Mitgliedern (mittlere Herdengröße ca. 25) in zwei aufeinanderfolgenden Jahren (1996: 36 Wochen, 1997: 28 Wochen) untersucht. Die Rinderherde bestand aus vorwiegend subadulten, weiblichen Individuen; bei den übrigen drei Tierarten handelte es sich nahezu ausnahmslos um adulte Tiere. Die beiden Equidenarten lebten in gemischtgeschlechtlichen Herden, wobei alle männlichen Tiere kastriert waren (Wallache), während die Junggesellenherden der Schafe aus nicht kastrierten Tieren (Widdern) bestanden. In die vorgestellten Auswertungen gingen die Daten von 234 Tieren und ca. 1500 Untersuchungsstunden ein.

* Da selbst in der humanpsychologischen Freundschaftsforschung weder eine einheitliche Definition noch eine verbindliche Terminologie existiert, wurde zunächst eine allgemeingültige Definition des Freundschaftsbegriffs erarbeitet. Diese verzichtet bewußt auf funktionale Kriterien (sie beschränkt sich auf formale und inhaltliche) und enthält alle wesentlichen Charakteristika einschließlich solcher, die Freundschaften gegenüber anderen soziopositiven Beziehungen abgrenzen.





Freundschaft bezeichnet freiwillige und reziproke, nicht-sexuell motivierte, sozio-positive Bindungen zwischen nicht-verwandten Individuen. Sie ist primär dyadisch und besitzt für beide Beteiligten einen subjektiven Wert. Die Freund-schafts-beziehung ist durch positiven Affekt ('Sympathie') gekennzeichnet und äußert sich in einer beständigen interindividuellen Präferenz.

Diese Definition ist sowohl auf zwischen-menschliche als auch auf zwischen-tierliche und ggf. spezies-übergreifende Sozialbeziehungen anwendbar.

* Als Indikatorparameter für 'Freundschaften' wurden zum einen die räumliche Nähe (Nachbarschaftshäufigkeiten; Präferenzen reflektieren Assoziationen), zum anderen die Häufigkeiten verschiedener spontaner und experimentell induzierter soziopositiver Interaktionen herangezogen. Von den insgesamt vier erfaßten Interaktionen (soziale Fellpflege s.l., Körperkontakte beim Ruhen, Teilen von Futter und Verhaltensweisen des Dokumentierens s.l.) erwiesen sich aus unterschiedlichen Gründen lediglich Fellpflege und Futterteilen als geeignet.

* Während das spontane Verhalten bei allen Herden und in beiden Jahren erfaßt werden konnte, erlaubten die Haltungsbedingungen nur bei einigen Herden eine Ergänzung durch experimentelle Ansätze. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt daher auf der Analyse des spontanen Verhaltens. Zur Datenaufnahme wurden verschiedene Sampling- und Recording-Methoden, i.d.R. in Kombination, verwandt (z.B. Scan Sampling für die Nachbarschaftsdaten, Ad libitum Sampling und Continuous Recording für die Interaktionsereignisse).

* Im Rahmen der Auswertung fand eine umfassende statistische Bearbeitung des Datenmaterials statt. Neben gängigeren uni- und bivariaten Verfahren (Binomial- und Chi-Quadrat-Anpassungstests, bivariate Korrelationen und Mantel-Tests) kamen v.a. multivariate Statistiken (Multidimensionale Skalierungen und hierarchische Cluster-analysen, partielle Korrelationen und multiple Mantel-Tests) zum Einsatz. Die Mantel-Tests (als Randomisierungsverfahren) waren aufgrund des dyadischen Charakters der Daten (Tier-Tier-Kombinationen), der nur in Form von Matrizen (d.h. nicht vollständig unabhängige Daten) erfaßt werden kann, zur Signifikanzprüfung notwendig. Darüber hinaus war die Entwicklung und Optimierung eines 'maßgeschneiderten' Auszählungsprogramms (NENESYS = NEarest NEighbour SYstematic Standardisation programme) erforderlich, die in interdisziplinärer Zusammenarbeit mit Informatikern und Mathematikwissenschaftlern stattfand.

* Im Ergebnisteil konnten Aussagen zu insgesamt sieben verschiedenen Aspekten von Huftierfreundschaften gemacht werden, die hauptsächlich aus Gründen der erforderlichen Prioritätensetzung unterschiedlich umfangreich und tiefgehend ausfielen:

1. Nachweis von Freundschaften bei Ungulaten

2. Quantifizierung der interindividueller Präferenzen

3. Situationsspezifität der Präferenzen

4. Dynamik und Dauer von Freundschaften

5. Asymmetrie innerhalb der Beziehungen

6. Freundschaften begünstigende Bedingungen

7. Funktionen von Tierfreundschaften



* Bei allen vier Tierarten zeigten sich sowohl bzgl. der räumlichen Nähe als auch im Hinblick auf die Partner bei soziopositiven Interaktionen deutliche interindividuelle ('persönliche') Präferenzen. In dem Bemühen um konservative und damit verläßliche Bewertungen wurden Nachbarpräferenzen allerdings erst dann als Assoziationen gewertet, wenn sie ein definiertes Beständigkeitsmaß überschritten. Da die Rahmenbedingungen der Untersuchung gewährleisteten, daß solche Assoziationen die Kriterien der Freundschafts-definition erfüllten, und andere Bindungsgrundlagen (Verwandtschaft und sexuelle Motivation = 'reproductive relationships') ausschlossen, ist der erstmals angestrebte generelle Nachweis von Freundschaften bei allen vier Arten von Huftieren als erfolgreich zu bewerten. Dieser Nachweis macht eine Ausweitung des Freundschafts-konzepts über die Primaten hinaus notwendig.

* Die Interaktionshäufigkeiten sind aufgrund ihres methodisch bedingten semi-quantitativen Charakters lediglich innerhalb der Herden vergleichbar.

Das Verwenden von Nachbarschaftshäufigkeiten als vollständig quantitativem Indikator bei allen zehn Herden ermöglicht hingegen einen unmittelbaren Vergleich zwischen den vier Tierarten, den Herden einer Art und den Individuen einer Herde. Aus Gründen des Umfangs beschränkt sich die Arbeit weitgehend auf den zwischenartlichen Vergleich.

Die Tierarten ließen sich – mit Ausnahme der Esel – im Hinblick auf die bei ihnen realisierten höchsten Assoziationsstärken, die maximalen Gruppengrößen und den Anteil gruppenzugehöriger Herdenmitglieder auf einem Wertegradienten anordnen. So nahmen die Kenngrößen der Tierarten in der Reihenfolge Rinder – Schafe – Pferde zu. über diese drei Arten hinweg bestand ein positiver Zusammenhang zwischen der Höhe der Assoziations-stärken, der Gruppengröße und dem Anteil gruppenzugehöriger Herdenmitglieder. Die Esel ließen sich nicht in dieses Schema einordnen, denn ihr Assoziationsgefüge war einerseits von dem geringsten Anteil gruppenzugehöriger Tiere und den kleinsten Gruppengrößen (ausschließlich Zweiergruppen) gekennzeichnet, andererseits zeichneten sich diese Zweiergruppen durch sehr hohe Bindungsstärken aus.

* Der Vergleich der interindividuellen Präferenzen in bis zu vier unterschiedlichen Situationen zeigte (neben gewissen individuellen Variationen) deutliche interspezifische Unterschiede. Diese waren mitunter zwischen den beiden Arten derselben Ordnung größer als zwischen Angehörigen verschiedener Ordnungen.

Bezüglich der Assoziationsstrukturen beim Grasen und Ruhen zeigten sich bei den vier untersuchten Arten zwei grundsätzliche Muster: Die Pferde- und Schafherden waren in beiden Aktivitätszuständen in distinkte, i.d.R. exklusive und autonome Gruppen strukturiert, und ihre Assoziationen stimmten in beiden Zuständen weitgehend überein (Aktivitätsunabhängigkeit). Im Gegensatz dazu besaßen die Esel und Rinder diffuse, unvollständige Assoziationsnetzwerke. Bei diesen Tierarten war nur ein weit geringerer Anteil der Assoziationen über beide Aktivitätszustände hinweg stabil.

Bei allen vier Tierarten konnten die Häufigkeiten sozialer Fellpflege s.l. (für Schafe gilt bislang, daß soziale Fellpflege bei ihnen nicht vorkommt, jedoch s.u.) mit den Nachbar-schafts-häufigkeiten beim Grasen und Ruhen verglichen werden; bei den beiden Equiden-arten kamen noch die Häufigkeiten des Futterteilens hinzu.

Während die Pferde ihre soziopositiven Interaktionen vollständig (Fellpflege) oder hauptsächlich (Futterteilen) auf Mitglieder ihrer eigenen Gruppe beschränkten, konnte bei Rindern nahezu keine übereinstimmung zwischen Präferenzen beim Grasen, beim Ruhen und bei der sozialen Fellpflege gefunden werden. Die Esel streuten ihre Präferenzen sehr deutlich, indem sie typischerweise zur Fellpflege Tiere aufsuchten, in deren Nähe sie sich sonst selten aufhielten. Beim Futterteilen zeigten sich zwei unterschiedliche Verhaltens-typen: Esel, die sowohl beim Grasen als auch beim Ruhen eng mit einem anderen Tier assoziiert waren, teilten mit diesem Partner auch besonders häufig, während die übrigen Esel sowohl mit ihren häufigsten Nachbarn als auch mit anderen Herdenmitgliedern teilten. Bei Schafen konnte wahrscheinlich gemacht werden, daß dem unidirektionalen Kopfreiben und dem hier erstmals beschriebenen reziproken Verweilen im Wangenkontakt zumindest die bindungsfürdernde und spannungsreduzierende Funktion der sozialen Fellpflege zukommen. Diese Verhaltensweisen fanden gehäuft, aber keines-wegs ausschließlich innerhalb der Assoziationsgruppen statt, die beim Grasen und Ruhen weitgehend übereinstimmten.

* Die vorliegende Arbeit enthält Hinweise darauf, daß möglicherweise verschiedene Interaktionsformen bzw. Assoziationen während bestimmter Aktivitätszustände zum Eingehen neuer Freundschaften, zum Festigen und Intensivieren bestehender Bindungen besonders geeignet sind und während der entsprechenden Phasen besonders häufig vorkommen. So scheint z.B. bei Pferden v.a. die soziale Fellpflege zur Initiation neuer Bindungen genutzt zu werden und gemeinsames Ruhen kürzlich eingegangene Beziehungen zu festigen.

Der Zeitrahmen der Untersuchung erlaubte es, bestehende Bindungen über maximal 18 Monate zu verfolgen. Die Bindungsdauern der Pferde und Schafe waren mit den Angaben anderer Autoren (für Herden mit einem sozialen Netzwerk aus Freundschaft und Verwandtschaft) vergleichbar, die der untersuchten Rinder fielen deutlich geringer aus, während sich die der Esel als ca. doppelt so lang wie der höchste vergleichbare Literaturwert erwiesen.

* Das Ausmaß der Asymmetrie innerhalb dyadischer Beziehungen wird in der vorliegenden Arbeit v.a. bei den unidirektionalen Fellpflegeverhaltensweisen der Boviden (Belecken der Rinder, Kopfreiben der Schafe) deutlich, die beide zudem entweder spontan oder nach Aufforderung stattfinden können.

* Bei der Suche nach Faktoren, die Freundschaften begünstigen, wurden einige statistisch abgesicherte Zusammenhänge zwischen Ähnlichkeiten bzgl. verschiedener individueller Eigenschaften und den Nachbarschaftshäufigkeiten gefunden. So erwies sich bei Rindern Gleichaltrigkeit als relevant, bei den Schafen der Besitz bzw. das Fehlen von Hörnern. Die in der Literatur wiederholt postulierte Präferenz bei Pferden für gleichfarbige (und ähnlich große) Freunde konnte nicht bestätigt werden.

Ob zusätzlich zum Ähnlichkeitsprinzip (“gleich und gleich gesellt sich gern”) auch das Komplementärprinzip (“Gegensätze ziehen sich an”) wirksam ist, läßt sich derzeit nicht entscheiden.

* Nach einer kritischen Beurteilung der verwendeten Methoden beschäftigt sich der anwendungsorientierte Teil der Diskussion zunächst mit dem Nutzen von Huftier-freundschaften. für einen (direkten) konkreten, praktischen Nutzen wurden kaum schlüssige Hinweise gefunden. Im Gegensatz dazu konnte die vorliegende Arbeit einen psychologischen Nutzen in Form von sozialer / emotionaler Unterstützung wahr-schein-lich machen:

Neben verschiedenen anekdotischen Hinweisen darauf, daß Situationen, die auf die Tiere verunsichernd wirken, das Eingehen bzw. Intensivieren von Freundschaften begünstigen können, ließ sich der Zusammenhang zwischen (annähernd) zeitgleichem Eintritt in eine neue Herde (unbekanntes soziales Umfeld) und beständigen Assoziationen (als ein Indikator für Freundschaft) bei Pferden und Schafen statistisch nachweisen. Insgesamt liegt der Schluß nahe, daß Huftierfreundschaften ein Gefühl von Sicherheit vermitteln. Die soziale / emotionale Unterstützung zwischen befreundeten Tieren wird dabei vorwiegend passiv gewährt, z.B. in Form von (sowohl wörtlichem wie metaphorischem) Beistand während Auseinandersetzungen des Freundes mit dritten und anschließender sozialer Fellpflege. Soziale Fellpflege mindert nachgewiesenermaßen physiologische Streßsymptome. Die in der vorliegenden Studie beobachteten äußerlichen Kennzeichen der Spannungs-Reduktion weisen zudem auf eine psychische Entspannung hin. Letztendlich wirkt sich die psychologische Unterstützung so auch auf das körperliche Wohlergehen (und ultimativ die biologische Fitness des betreffenden Tieres) aus und hat einen indirekten praktischer Nutzen.

* Alle größeren landwirtschaftlichen Nutztiere gehören den beiden hochgradig sozialen Huftierordnungen an. Der positive Nachweis von Freundschaften impliziert daher Konsequenzen für die Tierhaltungspraxis. Intensive Haltungsbedingungen sind u.a. durch hohe Tierdichten gekennzeichnet und verhindern i.d.R. das Eingehen bzw. Aufrechterhalten von Bindungen zwischen Verwandten, da Nutztiere üblicherweise in Gruppen ähnlich alter Tiere gehalten werden. Freundschaften werden v.a. zwischen Gleichaltrigen geknöpft und können bei Umgruppierungsentscheidungen mit relativ geringem Aufwand berücksichtigt werden. Die Arbeit gibt interessierten Tierhaltern konkrete Empfehlungen, wie sie bestehende Freundschaftsbindungen in ihren Herden mit geringem Zeit- und Arbeitsaufwand identifizieren können und welche Aspekte berücksichtigt werden sollten, wenn Teile bestehender Herden umgruppiert oder neue Herdenmitglieder integriert werden.

* Die verschiedenen Aspekte der Arbeit, die mitunter komplexen Wechselwirkungen untereinander sowie die Einflüsse der Haltungsbedingungen und die Konsequenzen für die Haltungs-praxis werden in einem 'Regelkreismodell' zusammengefaßt. Dieses Modell erlaubt u.a. das Aufstellen konkreter Hypothesen für weiterführende Fragestellungen. Ihnen nachzugehen, erscheint in vielerlei Hinsicht lohnend und erfolgversprechend.

* Der erfolgreiche Nachweis von Freundschaften bei Huftieren erfordert eine Ausweitung des Freundschaftskonzepts auch auf Nicht-Primaten und legt nahe, zukünftig auch andere soziale Wirbeltiere (z.B. Elephanten, Delphine, Reißtiere, aber auch Papageien) im Hinblick auf diesen Bindungstyp (eingehender) zu untersuchen.

* Diese Ausweitung des Konzepts ermöglicht eine Reinterpretation einiger bisher unbe-friedigend oder widersprüchlich klassifizierter Verhaltensweisen. So ist z.B. das bei Schafen gelegentlich erwähnte, ansonsten wenig beachtete, soziale Kopf- oder Hornreiben bislang nie in den Kontext der sozialen Fellpflege gestellt worden. Wegen seines Auftretens während Auseinandersetzungen interpretieren manche Autoren dieses Verhalten als ebenfalls agonistisch. Andere Autoren vermuten, daß die Voraugendrüse bei diesen Kontakten eine wichtige Rolle spielt und sehen darin eine 'respektanzeigende' Geste (Annahme des Individualgeruchs des dominanten Tieres).

Die vorliegende Arbeit beschreibt erstmalig für Schafe Verweilen im Wangenkontakt. Diese Wangenkontakte besitzen einen eindeutig soziopositiven Charakter. Da sie häufig in Zusammenhang mit unidirektionalem Kopfreiben auftreten, wird als dritte Inter-pretation des Kopfreibeverhaltens die Einordnung in den Freundschaftskontext (als soziale Fellpflege s.l.) vorgeschlagen. Vertiefende Studien dazu werden u.a. Gegenstand des anschließenden Forschungsprojekts zur Evolution der Boviden sein.
 
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